Seit Jahren stehen Israel und der Iran in einem intensiven geopolitischen Spannungsverhältnis. Doch immer wieder eskaliert diese Feindschaft über rhetorische Drohungen hinaus – in Form direkter oder indirekter militärischer Angriffe. Die jüngsten Angriffe Israels gegen iranische Ziele, sei es auf iranischem Boden oder durch präventive Schläge gegen iranisch gestützte Milizen in Syrien, Irak oder Libanon, werfen erneut die Frage auf: Welche Bedeutung haben diese Aktionen für den Nahen Osten – und darüber hinaus?
1. Strategische Motive Israels
Israel betrachtet den Iran als seine größte sicherheitspolitische Bedrohung. Besonders im Fokus steht das iranische Atomprogramm, das trotz internationaler Kontrollen (z. B. durch die IAEA) in Jerusalem als existenzielle Gefahr wahrgenommen wird.
Israels Angriffe dienen oft folgenden Zwecken:
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Verzögerung des iranischen Atomprogramms (z. B. gezielte Sabotageakte gegen Nuklearanlagen wie in Natanz).
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Eindämmung iranischer Präsenz in Syrien: Der Iran nutzt syrisches Territorium als Brückenkopf zur Versorgung der Hisbollah im Libanon und zur Bedrohung Israels von Norden.
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Abschreckung und Dominanzwahrung: Durch demonstrative Luftschläge zeigt Israel Handlungsfähigkeit und signalisiert Entschlossenheit – auch gegenüber Moskau oder Washington.
2. Reaktionen des Iran
Der Iran reagiert meist mit asymmetrischen Mitteln. Direktkonfrontationen mit Israel werden vermieden, stattdessen nutzt Teheran sein Netzwerk an Stellvertretermilizen – von der Hisbollah über die Huthi-Rebellen im Jemen bis zu schiitischen Gruppen im Irak. Dies dient dazu, Israel auf mehreren Fronten zu beschäftigen und seinen regionalen Einfluss auszubauen.
Besonders brisant: Sollte Israel iranisches Staatsgebiet angreifen – nicht nur externe Stellungen oder Milizen – wäre eine direkte militärische Konfrontation nicht mehr ausgeschlossen.
3. Regionale und globale Folgen
a) Gefahr einer Eskalation
Jeder Angriff birgt die Gefahr einer Eskalationsspirale. Bereits kleinere Luftschläge können zu umfassenderen Militäraktionen oder gar einem offenen Krieg führen, der den gesamten Nahen Osten destabilisieren könnte.
b) Einbindung internationaler Akteure
Die USA stehen traditionell auf Israels Seite, auch wenn Washington oft versucht, Eskalationen diplomatisch zu dämpfen. Russland, das in Syrien militärisch präsent ist, hat enge Beziehungen zum Iran. Eine Konfrontation in Syrien könnte also plötzlich auch globale Mächte involvieren.
c) Auswirkungen auf Energiepreise und Weltwirtschaft
Ein Krieg zwischen Israel und dem Iran würde die Sicherheit im Persischen Golf gefährden – durch Angriffe auf Ölinfrastruktur oder die Blockade der Straße von Hormus. Die Folge wären steigende Energiepreise und wirtschaftliche Unsicherheit weltweit.
4. Was will Israel wirklich erreichen?
Einige Experten glauben, dass Israel durch punktuelle Angriffe den „Status quo“ sichern will: Keine nukleare Bewaffnung des Iran, keine massive Präsenz iranischer Streitkräfte an Israels Grenzen. Andere sehen darin den Versuch, langfristig einen Regimewechsel in Teheran zu befördern – oder zumindest das iranische System strategisch zu schwächen.
Doch jeder Schlag birgt Risiken. Ohne diplomatische Absicherung könnten militärische Erfolge zu politischen Niederlagen werden – etwa, wenn sie Iran in eine härtere Position treiben oder Israels internationale Unterstützung untergraben.
Fazit
Die Angriffe Israels gegen den Iran sind mehr als bloße militärische Operationen – sie sind Ausdruck einer tiefen geopolitischen Rivalität, die den Nahen Osten seit Jahrzehnten prägt. Während Israel versucht, seine Sicherheit durch offensive Verteidigung zu garantieren, riskiert es zugleich eine Eskalation mit globalen Folgen. Die internationale Gemeinschaft steht vor der Herausforderung, zwischen Abschreckung und Deeskalation zu vermitteln – bevor aus Schlägen ein Krieg wird.


